2008 – Transfer/Odsun

Uraufführung zum 10-Jahre-Jubiläum der Grenzlandbühne Leopoldschlag

Vergebung statt Vergeltung

Volksstück über Naziterror in Böhmen und Vertreibung der Sudetendeutschen

„Transfer/Odsun“ ist der zweisprachige Titel eines Volksstücks von Leopold Pammer, welches die Grenzlandbühne Leopoldschlag anlässlich ihres 10-Jahre-Jubiläums im Au-gust als Uraufführung spielt. Was als einzelne Verbrecherkarriere beginnt, entwickelt sich metaphorisch zur Tragödie zweier Völker unter politischen Umständen, die heute undenkbar erscheinen. Premiere ist am 1. August, weitere Aufführungstermine sind der 2., 7., 8., 9., 14., 15. und 16.8., jeweils um 20.00 Uhr, sowie der 17.8. um 15.00 Uhr.

Das Stück spielt in Südböhmen und im Mühlviertel in den Jahren 1934 bis 1945. Der arbeitslose Sudetendeutsche Albert Scher versucht, bei seiner Exgeliebten Anicka Zika in Umlowitz ihr gemeinsames Kind Pepi umzubringen, um sich die Alimente zu ersparen. Er wird von Anicka und ihrer Mutter daran gehindert und von Gendarmerieoffizier Kyrle verhaftet.

1938 agitiert Scher in einer böhmischen Schänke heftig für Henlein und Hitler, nur der österreichische Bürgermeister Neubauer widerspricht ihm. Scher und seine Kumpanen Berger und Irrsiegl geraten in Streit mit einer tschechischen Patrouille, die aus Kyrle, Zeleny und Vesely besteht. Sie verprügeln die Tschechen, stehlen ihnen die Waffen und flüchten. Wenige Tage später versteckt sich Scher bei den Zikas, Kyrle gelingt es, dem kleinen Pepi das Versteck zu entlocken. Vesely und Zeleny verhaften Scher. Am 16. 3. 1939 stürmen die nunmehr als Angehörige der SS am Naziterror beteiligten Scher, Berger und Irrsiegl die Wohnung Kyrles in Tabor. Sie zwingen Frau Kyrle, ihren Mann sowie Vesely und Zeleny telefonisch herbeizurufen, nachdem sie ihren Sohn Alois noch wegschicken konnte. Die drei Tschechen werden misshandelt und verhaftet, die SSler beschlagnahmen das Radio. Scher vergewaltigt Frau Kyrle – sie stirbt. Alois bleibt allein zurück.

Kriegsende, Juni 1945, Großmutter Marie ist schwer krank, Scher ist auf der Flucht. Er überredet Anicka, mit ihm in Österreich ein Quartier für die ganze Familie zu suchen. Kyrle bringt die Ausweisungsbefehle, die Großmutter begeht mit Tabletten Selbstmord. Alois Kyrle ist kommunistischer Revolutionsgardist geworden und glaubt, braunen Terror mit rotem Terror vergelten zu müssen. Er bedroht Pepi mit der Waffe und raubt das Radio. Scher und Anicka kehren aus Österreich zurück. Anicka will ihre Mutter begraben und so lang in Böhmen bleiben. Scher und Pepi sollen sich einem Treck anschließen, der in der Nacht illegal von Miggolz aus über die Grenze gehen wird. Der Grenzübertritt ist gelungen, Bürgermeister Neubauer weist den Flüchtlingen in Leopoldschlag Notquartiere an. Der reiche Groissnbauer bietet eine hohe Prämie für jemanden, der ihm noch in der Nacht seine zurückgelassenen Pferde aus Miggolz holt. Scher überredet Pepi, ihn zu begleiten. Sie gehen zurück zum Tofflerbauern in Miggolz. Dieser verrät sie an die tschechischen Gendarmen. Vesely und Zeleny verhaften Scher und Pepi und bringen sie nach Kaplitz. Dort geht die Geschichte ihrem schicksalhaften Ende zu, welches schließlich noch emotionalen Raum lässt für Hoffnung nach dem Grundsatz „Vergebung statt Vergeltung“.

Alexander Schreiner-Steinberg leitet als Regisseur eine 17-köpfige Gruppe von Darstellern der Grenzlandbühne sowie einigen Gästen. Die Aufführungen bilden den zentralen Teil eines kleinen Festivals „Aus Fremden werden Freunde“, zu dem auch noch die Vorführung des Films „Die Leiden des jungen S.“ samt Diskussion am 3.8. um 15.00 Uhr in Leopoldschlag sowie eine Lesung aus Werken Karel Klostermanns in Unterhaid am 10.8. um 15.00 Uhr gehören. Karten: 0664/6389389 oder www.grenzlandbuehne.at

Der Titel

Der Titel unseres Stückes ist ein Begriff aus der zeitgeschichtlichen Forschung. Da die fraglichen Ereignisse bereits bei der Potsdamer Konferenz 1945 als Transfer bezeichnet wurden, hat sich dieser Ausdruck als Fachbegriff in der Zeitgeschichte eingebürgert. Keineswegs ist damit eine Verharmlosung der tragischen Geschehnisse durch den Autor beabsichtigt!

Präsentationsmappe Festival „Aus Fremden werden Freunden“ (PDF, 736 KB)