Nachlese/Kritiken

Zwischentierische Reibereien unter Drohnen, Wespen und Käfern

Die Grenzlandbühne Leopoldschlag wagt sich mit dem Musical „Blutiger Honig“ an ein sehr forderndes Genre heran.

Die dank ihrer feinen Produktionen weit über die Theatergrenzen hinaus bekannte Grenzgemeinde Leopoldschlag hat sich für ihre aktuellen Theatertage ins Musical-Genre gewagt. „Blutiger Honig“ heißt die Produktion von Thomas Pigor, Christoph Swoboda und Wolfgang Böhmer, die die Grenzlandbühne unter der Regie von Raimund Stangl am Samstag einem gespannten Premierenpublikum präsentierte. Die Story ist witzig-ironisch, es geht um zwischentierische Reibereien unter Drohnen, Wespen, allerlei Käfervolk und einer frustrierten Königin, der das Gelee Royale entwendet worden ist. Mit dem Bienenvolk geht es also zu Ende, und weil die Drohnen nicht mehr gebraucht werden, gehen sie im AMS für Marienkäfer und Summendes Volk auf Jobsuche. Drohne Olaf (Mario Ruschak) gelingt es, ein Syndikat zu Fall zu bringen. Zum Schluss darf alles wieder gut werden und die Gerechtigkeit siegen.

Der Weg dahin gelingt der Grenzlandbühne mit Einschränkungen. Fein ist es gelungen, dem Gesangsstück eine musikalische Note überzustülpen. Die Live-Musik unter der Leitung von Günter Wagner ist großartig und stimmig. Ebenso das Bühnenbild, das mit wabenförmig angeordneten Schachteln der Handlung einen passenden Rahmen gibt. Auf Darstellerseite drückt Mario Ruschak als Drohne dem Stück seinen Stempel auf. Witzige Momente bescheren ein Blattlaustrio und die dauercholerische Ameise Karin Schinagl. Stimmlich überzeugt das Ensemble bei den Chorpassagen, die größte Herausforderung stellen allerdings die Gesangssoli dar. Eine ambitionierte Gesamtleistung mit liebevollen Ideen.

Helmut Atteneder (OÖ Nachrichten)

Blutiges Bienensterben in Leopoldschlag

Im Rahmen der „Theatertage im Februar“ serviert die Grenzlandbühne Leopoldschlag heuer ein Musical: Blutiger Honig von Thomas Pigor, Christoph Swoboda und Wolfgang Böhmer unter der Regie von Raimund Stangl. Es wurde 1988 durch die Berliner Musicaltruppe College of Hearts uraufgeführt.

In einem abgewirtschafteten Bienenstaat, in dem die träge, alternde Königin nur noch ein hartes Ei am Tag legt, arbeiten Olaf, Otto und Oskar als Drohnen und Befruchter – sehnsüchtig träumend von der guten alten Zeit. Doch dann werden die drei von der Königin aus dem Bienenstock geworfen: Sie sollen ihr Lebenselexir, das sagenhafte Gelée Royale besorgen, das auf rätselhafte Weise aus dem Bienenstock verschwunden ist. Doch Gelée Royale ist auf dem Schwarzmarkt nur schwer zu bekommen. Olaf erliegt dem bestechenden Charme der Wespe Zizi, einflussreiche Sachbearbeiterin in der Zentralen Bienenvermittlung. Mit ihr zusammen gerät er in der verruchten Bar “Zum Abwasserrohr” zwischen gefährliche Kellnerasseln, Piano spielende Marienkäfer, eine verliebte Eintagsfliege sowie ein singendes Zweikopfinsekt und entdeckt, dass dort das kostbare Gelée Royale in großen Mengen verhökert wird…

„Blutiger Honig“ will einfach nur gut unterhalten – und das gelingt auch. Es ist nicht wirklich ein Musical – auch kein Singspiel und keine musikalische Komödie – aber von allem etwas.
Raimund Stangl führt die Darstellerinnen und Darsteller mit Leichtigkeit durch das Stück. „Tierisch menschlich“ sehen wir das Insektenvolk agieren. Mit sichtlicher Freude werden auch die Gesangsstücke vorgetragen. Die musikalische Leitung übernahm professionell Günter Wagner. Wunderbar swingende Musik kommt live von Angelika Miesenberger (Kontrabass), Julian Manzenreiter (Schlagzeug), Florian Janko (Gitarre) und Günter Wagner (Klavier).
Florian Janko entführt das Publikum als Otto und Conferencier einladend in die Bar „Zum Abwasserrohr“, in der es Köstlichkeiten gibt, die an Prüfungen im Dschungelcamp erinnern. Ähnlichkeiten hierzu findet man auch darin, dass den Kellnerasseln ebenfalls kein Intellekt im Wege steht, wenn sie die Anordnungen des Syndikatsbosses ausführen. Mario Ruschak als Olaf mutiert gekonnt von der unerfahrenen Allerweltsdrohne zum machomäßigen Eintagfliegenbefruchter. Violetta Griendl als Königin zeigt einmal mehr ihr schauspielerisch-komödiantisches Talent. Karin Schinagl beweist nicht nur Talent für die Kostümausstattung, sondern grantelt auch gekonnt amüsierend als Ameise ins Publikum. Das ganze Ensemble der Grenzlandbühne hat sichtlich tierischen Spaß daran, als Insekten über die Bühne zu krabbeln.

Hermine Touschek (Amateurtheaterverband OÖ)

Bekömmliche, schmackhafte Süßspeise

Eine Bienendrohne, die sich auf die Suche nach dem gestohlenen, für die alternde Bienenkönigin aber lebensnotwendigen Gelee Royale macht und dabei einem Drogensyndikat auf die Spur kommt. Das ist die Rahmenhandlung des Stücks „Blutiger Honig“, das insofern eine Premiere darstellt, als sich die Laienschauspieler der Grenzlandbühne Leopoldschlag zum ersten Mal am Genre Musical versuchen. Und um es gleich vorwegzunehmen: Diese Premiere ist durchaus gelungen.

Dem Publikum wird viel Unkonventionelles geboten: Für Lacher ist gesorgt, weil die Darstellerinnen und Darsteller unter anderem als Bienen, Ameisen, Hummeln, Blattläuse, Eintagsfliegen und ähnliches Getier auftreten — wobei das Geschehen unter der Regie von Bühnenprofi Raimund Stangl niemals ins Klamaukhafte abgleitet. Im Gegenteil, der Zuseher wird — dem kindlichen Setting mit bunten Kostümen und einem hervorragend abstrakten Bühnenbild zum Trotz — mit den Abgründen der menschlichen — und auch tierischen — Seele konfrontiert: Es regieren Lüge, Intrige, Selbstsucht, Egoismus, Drogensucht und die Ausbeutung anderer. „Blutiger Honig“ ist damit bittersüß und durchaus bitterböse.

Die Musikstücke sind gut in die Handlung eingebettet. Die Darsteller überraschen immer wieder mit gefühlvollen und selbstbewusst vorgetragenen Soli, der Chor sorgt für die richtige Stimmung (wobei man ihm an manchen Stellen mehr Mikrofon-unterstützte Verstärkung gönnt), die Instrumentalisten sind eine Klasse für sich — von Laienhaftigkeit oder gar Provinzialismus insgesamt keine Spur. „Blutiger Honig“ ist eine gelungene Süßspeise, die sicher nicht im Magen liegt.

Christian Haubner (Neues Volksblatt)